Altwindeck und das Elisental


        Glaubt man dem bergischen Sagenschatz, dann stellt man sich in der
        Windecker Gegend am besten auf dreierlei ein: einen mannsgroßen
        Ziegenbock, der des Nachts bisweilen durch die Lüfte saust; einen Hasen,
        der mit feurigen Augen sein eigenes Grab bewacht, denn er ist eigentlich ein
        Burgvogt, nur verwunschen; und eine Reihe von gewöhnlichen Gespenstern,
        die ihre schwere Schuld abbüßen hier in bösen Nächten.
        Burg Windeck war einst ein geschäftiger Flecken, von dem es immer etwas
        zu erzählen gab, der südliche Eckpfeiler im Land der Herren von Berg,
        trutzig hoch über der Sieg gelegen. Jetzt ist die Burg eine Ruine und liegt
        nicht einmal mehr über der Sieg. Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts
        hielt - in Gestalt der Eisenbahn von Köln nach Siegen - der Fortschritt seinen
        Einzug im Siegtal: gradlinig, vorwärtsweisend, optimistisch. Zwischen
        Dattenfeld und Schladern wurde da ein ganzer Berg gesprengt: Die Sieg sparte
        fortan die Schleife vorbei an Burg Windeck, die Preußen zwei Brücken und
        einen Tunnel. Heimisch geworden ist der Fortschritt trotzdem nicht an der Sieg,
        die Industrie ist wieder abgewandert, dafür kommen jetzt die Städter ins
        "Windecker Ländchen", um sich zu erholen.
        Altwindeck ist ein schönes Dorf, aber das ist noch kein Grund, die Hände in
        den Schoß zu legen.
        " Unser Dorf soll schöner werden ", lautet Jahr für Jahr die Losung. Viele
        Preise hat das Fachwerkdörfchen damit eingheimst, und seit 1981 auch einen
        zweiten Namen: " Golddorf ", weil es das schönste im ganzen Land war.
        Viele Schnitzereien sind im Holzgefüge zu entdecken, schöne Türen und
        Schieferfronten, und was es an alter Gerätschaft gibt, das hat der Heimatforscher
        und Dentist Emil Hundhausen in einem eigenen Museum zusammengetragen.
 Altwindeck Altwindeck

        Hier beginnt unser Weg.
        Wir verlassen am Museum dei Straße und den Wanderweg ("X"),
        überqueren den kleinen Fußballplatz und steigen auf schmalen Pfad ("A 2")
        den Steilhang hinauf. So kommen wir schnell, aber außer Atem, an die Ruine
        heran, das " novum castrum in Windeke ", wie es vor achthundert Jahren hieß.
        Die Höhen des Westerwaldes und das ferne Sauerland liegen als gestaffelte
        Silhouette uns zu Füßen, der Wind bläst nasse Wolken vor die Sonne und
        erklärt ungefragt den Namen der Burg: Wind-Ecke.
        Im März 1174 trat die Burg in die geschriebene Geschichte ein, 1247 kam sie
        an die Grafen von Berg, die hier ein Amt einrichteten, Das gehörte zwar zu Berg,
        war aber doch so weit entfernt von Düsseldorf und Burg, daß man es nur wie eine
        ferne Kolonie vom Hörensagen kannte.1705 - die Burg war inzwischen zerstört
        - sollten die bergischen Ämter ihrem Jan Wellern eine neue Steuer zahlen,
        und um zu prüfen, was der Boden hergab, sollte jeder Amtsvorsteher ein Brot
        nach Art des Landes seinem Kurfürst zeigen. Der Windecker Vertreter , ein
        Ritter Huhn, wußte vermutlich weder, wo dieses Spanien denn liege, in dessen
        Erbfolge sein Johann Wilhelm gerade kriegerisch verstrickt war, noch, weshalb
        für diesen Zweck er Geld beschaffen sollte. So ließ er sich aus Haferschrot
        und Kleie einen Kolben backen, der den noblen Düsseldorfern überhaupt nicht
        munden wollte. Ob er sich denn lustig mache über sie, mußte er sich fragen
        lassen. Doch der Ritter aus dem fernen Siegtal schwor Stein und Bein, Besseres
        brächte der karge Boden nicht hervor. Das trug dem Windecker Ländchen zwar
        den unfreundlichen Beinamen " Haferspanien " ein, aber mit dem Spott konnten
        die Bauern schon leben, dafür hatten Sie den Schaden nicht zu tragen,
        die Steuer fiel überaus gering aus.
        Wir wandern am Palastbau und am restaurierten Bergfried vorbei und verlassen
        über den schmalen Felssattel die Burg.
        Nach gut zweihundert Metern erreichen wir an einem Parkplatz wieder
        den Sieghöhenweg ( "S" und "X" ). Käme jetzt ein Vöglein angeflogen und
        trüge es auch noch ein Brieflein im Schnabel, es brauchte den Empfänger
        nicht zu suchen: Familie Patzke von gegenüber hat Ihren Kasten mit
        ebendiesem Bild geschmückt.
 Blick auf die Burg Blick auf die Burg
        Beim Hohlkreuz am Parkplatz gabelt sich der Weg: Hart über dem alten Siegbett         verläuft nun der "A 2", wir bleiben links auf dem Sieghöhenweg.
        Er führt als felsiger Hohlweg zunächst durch dünnen Eichenwald, dann in dunkles
        Nadelgehölz. Wo die Sonne schräg auf die Baumspitzen trifft, steigt die
        Feuchtigkeit in lichten Schwaden auf.
        An der Ecke einer schmalen Hochwaldfläche treffen wir auf den Wanderweg
        "28" hier wenden wir uns nach links, in Richtung Essen, wie wir lesen können.
        Es geht mit jedem Schritt bergauf, bis wir auf dem Bodenberg mit 292 Metern
        den höchsten Punkt dieser Strecke erreicht haben. Noch einmal ein Blick bis
        nach Rheinland-Pfalz, dann tauchen wir in den stattlichen Fichtenhochwald ein.
        Am Ende des Waldes passieren wir ein Gatter und wandern durch die braunen
        Wiesen gemächlich auf Höhnrath zu. Dort verlassen wir am Dorfweiher den
        Weg "28" und wenden uns nach links, wo ein Holzschild nach "Altwindeck"
        weist. Nach knapp fünfhundert Metern, im Flecken Jucht, nehmen wir den Weg
        vor dem letzten Haus auf der rechten Seite nach rechts, verlassen hier die
        Straße und kommen wieder in den Wald. Hier sind wir auf dem Weg "A 3".
        Der Verkehrsverein, oder wer für ihn hier mit dem Farbtopf durch den Wald
        gelaufen ist, wünscht sich wohl, wir gingen diesen Weg in umgekehrter
        Richtung: Die zahlreichen Markierungen entdecken wir nur beim
        Zurückschauen. Der Nutscheid, der Höhenzug zwischen Bröltal und Sieg,
        ist noch immer eines der größten Waldgebiete im Bergischen Land und
        seit jeher für seinen Wildreichtum bekannt. Was unten im Gasthof zur
        Linde noch wie Jägerlatein geklungen hat, wird hier oben deutlich vorstellbar:
        Schwarzwild soll es hier noch reichlich geben, und wie zum Beweis sind
        gleich zwei Vögte von Windeck in die Sage eingegangen, weil wilde Keiler
        sie zerrissen haben. In einem Dickicht auf der Höhe gabelt sich der Weg, wir
        bleiben rechts auf dem größeren der beiden Wege und entdecken auch bald
        wieder unser Zeichen. Dann dreht sich der Weg nach rechts um den
        Bergscheidkegel herum; und kurz darauf beginnt mit einer Linkskehre der
        Abstieg durch den Fichtenwald. Der Weg wird immer steiler, kaum können
        wir uns selbst noch folgen. Im hellen Eichenwald haben wir die weite Siegaue
        vor uns, dahinter Dattenfeld mit dem Siegtaldom von St. Laurentius. Der Weg
        wird nun schmal, verläuft quer zum Berghang und stößt schließlich auf einen
        kleinen Bach. Dem folgen wir nach links und kommen dann über die Straße
        "Zur Pulvermühle" nach Windeck zurück.

 Bei Hönrath Bei Hönrath
        Das Museum von Emil Hundhausen ist im alten Schulgebäude untergebracht.
        Von der Jahrhundertwende bis 1973 wurden hier in einer Klasse Jahr für Jahr
        die Schüler noch " versetzt ", nämlich jeweils eine Reihe weiter nach hinten,
        bis sie fertig waren oder an der Wand ankamen; dann wurde der Lehrer
        ebenfalls versetzt, nach Dattenfeld, und die Schule geschlossen. Emil
        Hundhausen, der werktags in Schladern den Leuten die Zähne richtet, ist
        wie an jedem Sonntag herausgekommen, um nach dem Rechten zu sehen.
        Er wüßte, käme es drauf an, von jedem Stück der Sammlung etwas zu berichten.
        Daß alles sauber ist und frei von Spinngeweb, frisch gestrichen, wenn es sein
        muß, und gegen Holzwurm und Fäulnis geschützt, dafür sorgt Willi Schorn
        aus Altwindeck gemeinsam mit seinem Sohn Michael.
        Die ganze nähere Umgebung ist hier vertreten, von der Dattenfelder Turmuhr
        und der Kommunionbank aus der alten Holzkirche bis zum Schladerner Stell-
        werk, das die Bundesbahn nicht nur gespendet hat, sondern auch aufgestellt
        im Museum; das, so meint Willi Schorn, sollte man auch einmal sagen.
        Viel ländische Kultur ist hier verwahrt: Dreschflegel und Butterfaß; Webstuhl,
        Schemel, Ofenplatte, Feuerhaken, Schweinsblase für Tabak oder Kleingeld;
        Flachsbrecher, Kappesschaber, Rechen, Blasebalg, Egge, Mehltrog und
        Spekulatiuswalze; Hufeisen, Backformen, Bienkörbe, Saatgutkörbe,
        Tabakspfeiffen, Spazierstöcke, Porzellanpuppen, Rasierpinsel; und auch was
        die Zeitabläufe den Bauern zu bescheren hatten; Kanonenrohre, Feldtelefone,
        Kaiserbilder. Eine Schule, meint Emil Hundhausen, soll das Museum in der
        Schule immer noch sein, eine Schule freilich mit nur einem Fach; Heimatkunde,
        die man hier befühlen und begreifen soll, anschaulich und auch zu riechen.
        Manchmal hat er Schulklassen zu Besuch, aber dann ist er immer aufs neue
        entsetzt: " Die kennen keinen Dreschflegel und nichts, nur Autotypen. Da frage
        ich die Lehrer immer wieder: Was bringt ihr den Kindern nur bei ? "

 Das Heimatmuseum Das Heimatmuseum
        Kurzbeschreibung der Tippeltour:

        Weglänge: 8 km

        Anfahrt von Köln:
        A 3 bis Hennef, dort Richtung Waldbröl über B 478. Von Ruppichteroth nach
        Dattenfeld, dort Richtung Wissen, am Ortsende Dattenfeld, gleich hinter der
        Bahnlinie, links nach Altwindeck. Parkplatz entweder im Ort an der
        Marienkapelle oder hinter dem Heimatmuseum. ( Gesamte Weglänge hin und
        zurück ca. 140 km ).
        Mit der Bundesbahn entweder bis Dattenfeld oder Schladern ( Eilzugstation );
        S 12 im Stundentakt bis Dattenfeld.

        Wanderkarte:
        Naturpark Bergisches Land, Südteil 1 : 50.000 oder Sieghöhenwege 1 : 25.000.

        Wanderweg:
        Hinter dem Museum und dem Fußballplatz auf schmalem Pfad "A2" bergauf
        zur Burg, dort weiter bis zum Parkplatz, hier dem Sieghöhenweg ("S") folgen;
        im Wald Wanderweg "28", 1 hier links, in Höhnrath links bis Jucht, dort rechts
        ("A3") durch den Nutscheid und hinab ins Siegtal 2; über Straße
        "Zur Pulvermühle" zurück.

        Das Heimatmuseum Windeck hat vom 1.4. bis 31.10. mittwochs und
        samstags von 14.00 - 18.00 Uhr geöffnet, sonn- und feiertags von
        10.00 - 12.00 Uhr. Während der Sommerferien täglich von 14.00 - 18.00 Uhr
        und sonntags außerdem 10.00 - 12.00 Uhr. Vom 1.11 bis 31.3. sonn-und feiertags
        von 14.00 - 18.00 Uhr, Schulen, Vereine und Gruppen auch nach Vereinbarung.

        Telefon: 02292 - 2506 oder 2071, während der Öffnungszeit: 02292 - 38 88.

        Auskunft Windeck: 02292 - 60174

        Quelle: Tippeltouren, Peter Squentz, Verlag J.P.Bachem Köln